Industrial Automation

Ein Monitoring-System, das Produktionsfehler hört

In der industriellen Fertigung führt die Prüfung von Maschinen und Produkten anhand akustischer Signale noch ein Nischendasein. Forscher des Fraunhofer IDMT haben ein kognitives System entwickelt, das fehlerhafte Geräusche objektiver als das menschliche Ohr erkennt. Die Technologie hat erste Praxistests erfolgreich bestanden und spürte dabei bis zu 99 % der Fehler auf.

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Für die End-of-Line-Prüfung von Autoteilen, wie zum Beispiel bei Motoren für Sitze, bietet das Fraunhofer IDMT Verfahren zur automatisierten Qualitätsanalyse mittels Luftschallmessung.

Bei der industriellen Fertigung ist es entscheidend, dass die Maschinen funktionieren und das Produkt keine Mängel aufweist. Der Produktionsprozess wird daher kontinuierlich überwacht. Von Menschen, aber auch von immer mehr Sensoren, Kameras, Softund Hardware. Meist orientiert sich die von Maschinen übernommene automatisierte Prüfung an visuellen oder physikalischen Kriterien. Nur der Mensch setzt ganz natürlich auch seine Ohren ein: Wenn etwas ungewöhnlich klingt, schaltet er die Maschine sicherheitshalber ab. Das Problem: Die menschliche Wahrnehmung von Geräuschen ist äußerst subjektiv.

Objektiver als das menschliche Gehör

Forscher des Fraunhofer-Instituts für Digitale Medientechnologie IDMT wollen nun die Intelligenz des Hörens in die industrielle Zustandskontrolle von Maschinen bzw. automatisierte Prüf- und Testsysteme für Produkte integrieren. Bei der Entwicklung von kognitiven Systemen, die Fehler anhand von akustischen Signalen exakt erkennen, vereinen sie intelligente akustische Messtechnik und Signalanalyse, maschinelles Lernen sowie datensichere, flexible Datenspeicher. Hat man diese kognitiven Systeme einmal mit einer Vielzahl an Datensätzen gefüttert und trainiert, können sie objektiver hören als der Mensch.

Geräusche eindeutig zuordnen

Die Wissenschaftler identifizieren Geräuschquellen und analysieren deren Ursachen, erstellen ein Lärmmodell der Umgebung und richten darauf ihre Mikrofone aus. Stör- und Nebengeräusche rechnet das System aus dem Gesamtsignal heraus. Dieses wird dann immer wieder mit laborreinen Referenzgeräuschen abgeglichen. Mit Hilfe künstlicher neuronaler Netze entwickeln die Wissenschaftler Schritt für Schritt Algorithmen, die in der Lage sind, Fehler am Geräusch zu erkennen. Je reiner das akustische Signal dabei vorliegt, desto besser erkennt das kognitive System Abweichungen. Die Technologie ist so feinfühlig, dass sie auch Nuancen in der Fehlerstärke anzeigt und komplexe Aufgabenstellungen bewältigt. In modernen Autositzen etwa sind viele einzelne Motoren eingebaut, damit der Fahrer seinen Sitz individuell einstellen kann. Die Bauweise der Motoren ist nicht gleich, ihre Geräusche verschieden und sie sind an unterschiedlichen Stellen verbaut. Das System der Ilmenauer Forscher hat diese Herausforderung jedoch mit Bravour gemeistert: Bei einem Pilotprojekt mit einem Automobilzulieferer deckte es alle Fehlerquellen einwandfrei auf.

Flexibler, sicherer Datenspeicher in der Cloud

Die Datensicherheit der gesammelten akustischen Signale gewährleisten die Fraunhofer- Forscher durch Nutzerberechtigungen, Rechte- und Identitätsmanagement. Ein Beispiel ist das Entkoppeln von realen und virtuellen Identitäten, um beim Auswerten der Daten durch unterschiedliche Personen keine Nutzerrechte zu verletzten. Meist sind Maschinen und Testsysteme fest in der Fertigungsstraße verbaut. Die Forscher lagern ihre akustischen Datensätze daher in einer sicheren Cloud ab.

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