Sensorik und Sensorsysteme

»Der Vorstoß in die echtzeitfähige Spektroskopie bietet großes Potenzial«

Die Entwicklung zuverlässiger und effizienter Sensortechniken stellt Forschende immer wieder vor neue Herausforderungen. Fraunhofer Mikroelektronik sprach mit Dr. Ralf Ostendorf vom Fraunhofer IAF über die Chancen des Einsatzes von Halbleiterlasern im mittleren Infrarotbereich (MIR).

© Fraunhofer IAF
Dr. Ralf Ostendorf.

Sensorik und Messtechnik im MIR-Bereich ist besonders für die Erkennung chemischer Substanzen geeignet. Herr Dr. Ostendorf, was sind die größten Stärken gegenüber anderen Sensortechniken?

Der mittlere Infrarotbereich von 4 – 12 μm ist besonders interessant für die Spektroskopie, da hier die Grundmoden der kombinierten Rotations-Schwingungsmoden vieler chemischer Substanzen liegen. Die daraus resultierenden Absorptionsbanden sind charakteristisch wie ein Fingerabdruck und erlauben damit eine eindeutige Identifizierung chemischer Bindungen. Licht mit entsprechender Wellenlänge wird in diesem Bereich besonders stark absorbiert. Andere optische Messmethoden, beispielsweise im nahen infraroten Wellenlängenbereich um 1 μm, messen lediglich die höheren Ordnungen – gewissermaßen Echos – dieser Grundschwingungen, die eine wesentlich weniger stark ausgeprägte Absorption aufweisen. Im mittleren Infrarotbereich kann daher eine deutlich höhere Messempfindlichkeit und Genauigkeit erreicht werden.

Sie sind auf die Entwicklung von Halbleiterlasern für den infraroten Wellenbereich spezialisiert. Welche Vorteile ergeben sich aus diesen Lasern?

Ein Haupteinsatzbereich unserer MIR-Laser ist die Sensorik und Spektroskopie. Generell bieten Laser eine sehr hohe Lichtintensität, die zudem noch sehr gut auf einen Punkt oder einen bestimmten Bereich gebündelt werden kann. Die hohe spektrale Leuchtdichte erlaubt es beispielsweise, dass in Sensorsystemen mit MIR-Lasern ungekühlte Detektoren verwendet werden können. Eine aufwändige Kühlung mit flüssigem Stickstoff, wie sonst üblich in diesem Wellenlängenbereich, ist nicht notwendig. So können solche Systeme kleiner und kompakter gestaltet werden. Darüber hinaus bieten MIR-Laser die Möglichkeit, stark absorbierende Substanzen in diesem Spektralbereich wie z. B. Wasser zu untersuchen, da ein Laser in der Lage ist, deutlich dickere Wasserfilme zu durchdringen als z .B. eine herkömmliche thermische Lichtquelle für das Infrarot oder eine LED. Die Eigenschaft, das Laserlicht über eine große Entfernung zu bündeln, eröffnet die Möglichkeit abstandsfähiger Messungen. So waren wir in der Lage, geringste Spuren von Explosivstoffen aus einem Abstand von mehr als 20 m nachzuweisen.

Das Fraunhofer IAF stellt bereits spezifisch angepasste Sensorik und Messaufbauten bereit. Welche Anwendungen finden Sie besonders spannend und womit rechnen Sie in Zukunft?

Gemeinsam mit dem Fraunhofer IPMS haben wir die Laserquelle weiter verkleinert und die Geschwindigkeit, mit der die Wellenlänge durchgestimmt wird, deutlich erhöhen können. Wir sind nun soweit, dass chemische Substanzen mit unseren MIR-Halbleiter-Lasern innerhalb weniger Millisekunden nachgewiesen werden können. Gerade dieser Vorstoß in die echtzeitfähige Spektroskopie bietet großes Potenzial. Damit wird die Analyse von großen Probenmengen innerhalb kürzester Zeit möglich, wie es z. B. eine 100 %-Kontrolle bei der Tablettenherstellung im Pharmabereich erfordert. Aber auch die Miniaturisierung der Laserquelle bietet große Chancen für die Realisierung von handgehaltenen und kompakten Sensorgeräten.

In der EU-Pilotlinie »MIRPHAB« arbeiten Sie mit vielen Einrichtungen und Firmen aus dem MIR-Sektor zusammen. Was versprechen Sie sich von dieser Zusammenarbeit?

Die Entwicklung neuer Technologien muss heutzutage immer mehr entlang der kompletten Wertschöpfungskette bis hin zu Demonstratoren und Prototypen erfolgen. Diese Herausforderung kann kein Institut und keine Firma mehr alleine bewältigen. MIRPHAB bietet die Möglichkeit, dass wir europaweit Kompetenzen aus allen Bereichen der MIR-Sensorik bündeln. Nur so können wir auf Dauer konkurrenzfähig bleiben.

Herr Dr. Ostendorf, vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Maximilian Kunze.

Zur Person:

Dr. Ralf Ostendorf promovierte 2005 in Physik an der Universität Münster. Nach der Promotion ging er als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Projektleiter an das Fraunhofer IAF in Freiburg. Dort war er zunächst mit der Entwicklung von GaAs-basierten Hochleistungsdiodenlasern betraut. 2009 wechselte er in den Bereich der Quantenkaskadenlaser (QCL) im infraroten Wellenlängenbereich mit dem Forschungsschwerpunkt auf der Entwicklung von wellenlängenabstimmbaren QCLs für die Infrarotspektroskopie. Er hat zahlreiche nationale und internationale Projekte in diesem Themenbereich geleitet. Seit Anfang 2016 ist Dr. Ralf Ostendorf Verantwortlicher für das Geschäftsfeld »Halbleiterlaser« am Fraunhofer IAF.

 

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