Schlüsselübergabe beim Fraunhofer-Verbund Mikroelektronik

Prof. Patrick Bressler folgte am 01. Juli Dr. Joachim Pelka als Leiter der Berliner Geschäftsstelle nach. Im Interview sprachen die beiden über die Anfänge des Verbunds und zukünftige Herausforderungen und Aufgaben.

© Patrick Bressler
Prof. Patrick Bressler ist seit dem 1. Juli 2018 der neue Leiter der Geschäftsstelle des Verbunds Mikroelektronik.
© MEV Verlag
© Fraunhofer Mikroelektronik
22 Jahre erfolgreiche Arbeit für die Mikroelektronik bei Fraunhofer: Dr. Joachim Pelka.

Dr. Pelka, von Anfang an waren Sie Leiter der Geschäftsstelle des Fraunhofer-Verbunds Mikroelektronik. In den 22 Jahren hat sich sicher viel verändert?

Dr. Pelka: Angefangen hat alles 1996 als Assistent des Vorsitzenden – diese ursprüngliche Teilzeitarbeit hat sich aber ganz schnell als Vollzeitaufgabe herausgestellt, wenn man den Verbundgedanken ernst nimmt. 1999 konnte der damalige Verbundvorsitzende Prof. Herbert Reichl die Zentrale von der Einrichtung einer Geschäftsstelle überzeugen. Diese hatte anfänglich nur koordinative Aufgaben. Inzwischen unterstützen wir jedoch Vorsitzende und Institute bei der Entwicklung, Ausformulierung und Umsetzung gemeinsamer Strategien.

Wie haben Sie die ersten Monate und Jahre erlebt? Wie hat sich der Verbund im Laufe der Zeit entwickelt?

Dr. Pelka: Die ersten Monate waren für mich sehr herausfordernd. Ich war zwar schon etliche Jahre bei Fraunhofer, war mir aber nicht bewusst, wie die unterschiedlichen Institute mit allen Spezifikationen anzusprechen sind. Um gut vermitteln zu können, galt es erst einmal, eine solide Vertrauensbasis zwischen den Verbundinstituten aufzubauen. Inzwischen agieren die Institute als Partner. Das Miteinander nimmt seitdem einen erheblich größeren Raum ein.

Was waren die größten und spannendsten Aufgaben, die Sie beim Verbund Mikroelektronik hatten?

Dr. Pelka: Das war eindeutig der Strategieprozess, der letztlich zum Aufbau der Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland (FMD) geführt hat. Es hat mehrere Anläufe gekostet, die Verbundinstitute von einer Einigung auf eine gemeinsame Strategie zu überzeugen. Durch eine strikte Trennung zwischen dem operativen Geschäft der Institute und langfristiger strategischer Ausrichtung des Gesamtverbunds wurde es aber möglich, eine gemeinsame Darstellung von Kernkompetenzen und erstmalig institutsübergreifende Roadmaps zu entwickeln. Diese Ergebnisse wurden als Konzept beim Roadmapping-Wettbewerb für Forschungsinfrastrukturen des BMBF eingereicht. Das Ministerium zeigte sich überzeugt und bewilligte eine Förderung außerhalb des Wettbewerbs. Der darin enthaltene Fraunhofer- Anteil von knapp 300 Mio € ist das größte Einzelvorhaben, das für die Fraunhofer-Gesellschaft bisher eingeworben werden konnte.

Welche Projekte haben Sie sich für die Zukunft vorgenommen?

Dr. Pelka: Als Senior Advisor geht es in den nächsten eineinhalb Jahren nahtlos weiter. Gemeinsam mit den Kollegen von imec und Leti bereite ich eine europäische Technologie- Initiative für die nächste Generation von Hochleistungsrechnern vor. Bis etwa Mitte nächsten Jahres müssen die Konzepte erarbeitet sein. Vielleicht wird daraus eine FMD 2.0. Das würde den Erfolg mit der heutigen FMD noch einmal toppen. Innerhalb der Fraunhofer-Gesellschaft streben wir dabei übrigens eine enge Zusammenarbeit mit dem IuK-Verbund an, denn die Mikroelektronik allein deckt ja nur die Hardware ab.

Kurz gefasst, was würden Sie Prof. Bressler mit auf den Weg geben?

Dr. Pelka: Patrick, als nächstes ist die europäische Dimension dran. Das wird Deine Aufgabe sein. Wir müssen unsere Europaaktivitäten weiterhin aus- und Vertrauen zwischen den Akteuren aufbauen.

Prof. Bressler, wie ist es dazu gekommen, dass Sie Physik studiert haben und würden Sie heute die gleiche Hochschulkarriere einschlagen?

Prof. Bressler: Im Nachhinein setzen sich Einzelereignisse und Zufälle zu einem Mosaikbild zusammen, das man vorher nicht kennt, aber später als Karriere beschreibt. Ein wichtiger und zugleich unwahrscheinlicher Zufall war, dass ich einen hervorragenden Physik-Lehrer hatte. Er verstand es, meine Neugierde für die Begriffsmodelle der Physik zu wecken. Heute würde ich auch wieder eine Naturwissenschaft studieren – welche, das käme wieder auf die Zufälle an.

Erzählen Sie von Ihren beruflichen Stationen.

Prof. Bressler: Vor dem Studium habe ich ein halbes Jahr in einer Schlosserei gearbeitet und Metallarbeiten gelernt. Das waren erste Fabrikerfahrungen, teilweise im Akkord.

Im Physikstudium in Aachen habe ich nebenbei als Werkstudent in einem Forschungslabor Glasfaser charakterisiert und Aufdampfanlagen betrieben. An der TU Berlin promovierte ich mit einer Arbeit zu Oberflächenphysik und magnetischen Halbleitern. Anschließend war ich über zehn Jahre Wissenschaftler am Berliner Elektronenspeicherring (BESSY). Als englischer Muttersprachler wurde ich zunehmend gebeten, EU-Forschungsanträge durchzuschauen, und in kürzester Zeit war ich ein gefragter Spezialist unter den Antragsstellern.

Später bei der European Science Foundation konnte ich als Head of Unit für Physikalische und Ingenieurswissenschaften selber Anträge sichten, bewerten und neue Programme mit auf dem Weg bringen – also Forschungsmanagement betreiben.

Im Fraunhofer-Büro Brüssel ging es vermehrt um Networking, Koordination und um Lobbyarbeit im EU-Parlament für Forschung und Entwicklung. Als Executive Vice President von Fraunhofer USA arbeitete ich am US-Geschäftsmodell, handelte neue Verträge aus und baute in Abstimmung mit der Zentrale in München die Zusammenarbeit zwischen Fraunhofer USA und den Mutter-Instituten aus. Dabei habe ich ständig dazugelernt. Es sind immer neue Fachgebiete, neue Kompetenzen und breitere Themenfelder hinzugekommen.

Jetzt bin ich hier – in der Geschäftsstelle – in einer tollen Zeit des Aufbruchs und der Neuerfindung in der Forschung in der Mikroelektronik. Und es ist auch immer eine Herausforderung, einen sehr erfolgreichen Geschäftsstellenleiter zu beerben. Daher freue ich mich sehr, dass wir beide hier eineinhalb Jahre Überlapp und Kontinuität haben werden.

Wo möchten Sie besondere Akzente setzen?

Prof. Bressler: Wie Achim mir auf den Weg mitgibt, werden besondere Akzente beim Ausbau der europäischen und internationalen Aktivitäten zu setzen sein. Durch meine Erfahrungen aus Brüssel weiß ich, wie wichtig Netzwerkaufbau und Netzwerkpflege sind. Ein weiteres Ziel ist es, die Strategieentwicklung für den Verbund als Gesamtheit und die Integration mit der FMD voranzubringen. Hier gilt es, ein kohärentes Zukunftsbild und Operationsmodell zu schaffen. Da kommen Verbund-, PR- und Kommunikationsaufgaben, aber auch Studien und Marktanalysen auf die Geschäftsstelle zu.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Frida Depperschmidt.

Letzte Änderung: