»Ein höchstpräziser Sensor im Betrieb bei Raum- und Körpertemperatur«

Die Lasermagnetschwellen-Magnetometrie soll neue Maßstäbe in der medizinischen Diagnostik setzen. Fraunhofer Mikroelektronik sprach mit Dr. Jan Jeske vom Fraunhofer IAF über die Möglichkeiten dieser Technologie.

© Fraunhofer IAF
Dr. Jan Jeske
© Fraunhofer IAF
Schema der Laserschwellen-Magnetometrie. Kleines Bild: Darstellung eines NV-Zentrums im Diamant.

Herr Dr. Jeske, Sie sind Projektleiter bei »DiLaMag«. Was ist das Ziel dieses Projekts?

Wir wollen die Laserschwellen-Magnetometrie (LSM) verwirklichen, d. h. einen ersten Laser mithilfe von NV-Zentren in Diamant bauen und die intrinsische Verstärkung eines Lasersystems für präzisere Magnetfeld-Sensorik nutzen. Dazu müssen wir zunächst die Eigenschaften des NV-Diamanten für diese Anwendung verstehen und verbessern, z. B. Absorption, Homogenität und Doppelbrechung. Im zweiten Teil des Projekts hoffen wir dann, erste Anwendungen demonstrieren zu können und die Sensitivität weiter zu verbessern.
Was sind die Vorteile von NV-dotierten Diamanten gegenüber anderen Lasermedien?
Der Punkt ist, dass das Lasermedium selbst als Sensor verwendet werden kann. Der Laser-Output wird letztendlich ein direkter Indikator für die Stärke des Magnetfeldes. Das ist möglich, weil die Absorption und Fluoreszenz der NV-Zentren vom Zustand des zugehörigen Elektronenspins abhängig ist und dieser wiederum durch magnetische Resonanz gesteuert werden kann. Dafür legt man an das Lasermedium schwache resonante Mikrowellen einer bestimmten Resonanzfrequenz an. Das äußere Magnetfeld bestimmt dabei diese Resonanzfrequenz. Dieser Mechanismus wird in der Forschung bereits an NV-Zentren genutzt, um Magnetfelder zu messen. Neu ist aber die Verwendung als Lasermedium, durch die das Mess- Signal von einem Fluoreszenz-Signal zu einem Laser-Output wird. Die Laserschwelle selbst und damit die Laser-Intensität oberhalb der Schwelle werden somit durch ein äußeres Magnetfeld beeinflusst. Der Laser wird zu einem sehr empfindlichen Magnetfeldsensor.

Welche Möglichkeiten ergeben sich aus der LSM-Technologie?

Die größte Möglichkeit von LSM ist, die Sensitivität zu verbessern. An der Laserschwelle und auch knapp darüber ändert sich die Intensität des Laserlichts sehr stark. Das kann man als eine intrinsische Verstärkung einer nur kleinen Änderung ausnutzen. Der Wettbewerb zwischen spontaner und stimulierter Emission des Lasers, der bessere Kontrast, die höhere Photonenausbeute und stärkere Signale durch große NVEnsembles tragen alle zu einer höheren Präzision der Magnetfeldmessung bei als wenn man nur die Fluoreszenz misst. Dadurch könnten NV-Sensoren in den Sensitivitätsbereich der präzisesten Magnetfeldsensoren überhaupt kommen, wie sie in der Medizintechnik eingesetzt werden, z. B. für Hirnstrommessungen per MEG. Dies ermöglicht beispielsweise den breiten klinischen Einsatz zum besseren Verständnis von und besseren Therapiemöglichkeiten bei Epilepsie, Alzheimer oder Parkinson. Weitere Möglichkeiten der LSM-Technologie sind praktische: einen höchstpräzisen Sensor im Betrieb bei Raumund Körpertemperatur zu ermöglichen sowie eine Laserkavität, welche man durch optische Fasern ansprechen und auslesen kann.

In welchen Anwendungsbereichen der Zukunft werden NV-dotierte Diamanten noch eine Rolle spielen?

NV-Zentren in Diamant sind ein extrem vielversprechendes System und Material für die Zukunft: ein kontrollierbares Quantensystem bei Raumtemperatur. Das ermöglicht über Magnetfeldsensorik hinaus auch das Messen von elektrischen Feldern, Temperatur und Druck mit höchster räumlicher Auflösung oder mit dem Ziel hoher Mess-Präzision. NV-Zentren werden aber auch als Technologie für einen möglichen zukünftigen Quantencomputer erforscht, als Einzelphotonenquelle oder für die Quantenkommunikation und -kryptographie. Herr Dr. Jeske, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führten Judith Siegel und Marco Krämer.

 

Zur Person:

Dr. Jan Jeske ist Nachwuchsgruppenleiter am Fraunhofer IAF und Projektleiter von DiLaMag. Zuvor entwickelte er das Konzept der Laserschwellen- Magnetometrie und demonstrierte die erste direkte Messung von stimulierter Emission von NV-Zentren während seiner vierjährigen Postdoc-Zeit an der RMIT University in Melbourne, Australien. Dort promovierte er vorher auch mit vornehmlich theoretischen Themen zu Dekohärenz in Quantensystemen. Sein Diplom in Physik erlangte er am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Nach insgesamt sieben Jahren in Melbourne bringt er nicht nur neue Ideen zurück nach Deutschland, sondern hat auch privat vieles dazu gewonnen: der Umzug nach Freiburg geschieht mit deutschaustralischer Staatsbürgerschaft und seiner australischen Frau. Beide freuen sich auf den neuen Lebensabschnitt in Deutschland.  

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